Millionen wollen "seine" Rente: Walter Riester ists recht. Foto: GZ-Archiv
Der frühere Arbeitsminister ist weltweit ein sehr gefragter Mann
Walter Riester wird sich in einem Jahr aus dem Landkreis verabschieden. Doch an Rente denkt der Ex-Arbeitsminister auch nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag nicht. Riester bleibt ein gefragter Mann.
HELGE THIELE, Geislinger Zeitung
Kreis Göppingen Der 55. Geburtstag von Walter Riester war Gerhard Schröder am Abend der Bundestagswahl 1998 noch wichtiger als der historische Sieg von Rot-Grün, mit dem Helmut Kohl aus dem Kanzleramt vertrieben wurde. "Der Walter hat heute Geburtstag, da stoßen wir jetzt zuerst drauf an", bestimmte Schröder damals launig-locker die Reihenfolge der Feierlichkeiten.
Inzwischen ist "der Walter" 65 und denkt ab und zu schon mal über die Party nach, die er in knapp einem Jahr in Göppingen feiern will. Der SPD-Bundestagsabgeordnete tritt bei der Wahl 2009 nicht wieder an. Neben ihm am Tisch, in seinem Wahlkreisbüro in Göppingen sitzt Sascha Binder, der an Riesters Stelle nach Berlin will. Dazu braucht der 25-Jährige aber einen aussichtsreichen Platz auf der Landesliste der Partei. Riester will Binder helfen, wo er kann.
Der alte Hase der Sozialdemokratie verlässt Göppingen und den Bundestag - den Ruhestand im herkömmlichen Sinn hat der gelernte Fliesenleger und Ex-Gewerkschaftsfunktionär deshalb aber nicht vor Augen. Als Experte für Sozialsysteme, Altersvorsorge und Rentenmodelle ist Riester weltweit ein gefragter Mann - daran wird sich auch so schnell nichts ändern. Wenn das Telefon klingelt, kann es sein, dass sich am anderen Ende der Arbeitsminister aus Indonesien meldet - oder aus Vietnam oder China. Fast immer gehts um Vorträge, Seminare und Aufbauhilfe.
Dabei musste der Genosse, der die Stirn in Falten legt, wenn das Gespräch auf Andrea Ypsilanti und den Zustand der SPD kommt, auf den Erfolg im eigenen Land lange warten. Für die von ihm entwickelte "Riester-Rente" wurde er einst belächelt - der politische Gegner drosch verbal auf ihn ein. Heute kann sich der von Schröder nach drei Jahren am Kabinettstisch aussortierte Ex-Minister entspannt zurücklehnen und berichten, dass in Deutschland mittlerweile fast zwölf MillionenRiester-Rentenverträge abgeschlossen wurden. "Es freut mich, dass mein Name zum Synonym geworden ist für eine Entwicklung, für eine zusätzliche Absicherung im Alter", sagt der 65-Jährige.
Riester, der nach seinem Abschied aus dem Parlament trotz Vortragsreisen und Schulungen von Rentenberatern mehr Zeit in seinem Haus am Ossiacher See in Kärnten verbringen will, hat bis September 2009 noch einiges vor: Fast unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit hat sich Riester in den vergangenen Jahren in ein weiteres Themenfeld eingearbeitet, das ihm sehr am Herzen liegt - der Entwicklungspolitik, die auf Nachhaltigkeit setzt. Im kommenden Jahr wolle Deutschland dazu in acht bis zehn Entwicklungsländern konkrete Projekte starten, berichtet Riester - und schlägt wieder den Bogen - zur Finanz- und Wirtschaftskrise in Deutschland. Er vergleicht, analysiert und erzählt von Gesprächen und Erfahrungen. Als Rentner kann man sich "den Walter" tatsächlich nicht vorstellen. Und das nicht nur, weil für die SPD bald der harte Wahlkampf beginnt.